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ln-online/lokales vom 28.08.2008 00:00

Von Steinen, die Geschichten erzählen

Aus Springstone, einem Stein, fast so hart wie Granit, fertigt Sam Mabeu Kunstvolles. Nicht nur Dr. Dörte Sievers ist davon fasziniert.

Sierhagen – Die Bildhauerei ist sein Leben. Wenn man sieht, mit welcher Andacht und gleichsam Anmut Sam Mabeu den harten Springstone seiner Heimat bearbeitet, spürt man, dass hier etwas Besonderes geschieht. Ort des Geschehens ist aber nicht das ferne Zimbabwe, sondern die Alte Gutsgärtnerei Sierhagen.

Manchmal ist es so, dass Menschen voller Leidenschaft das Glück haben, auf Gleichgesinnte zu treffen. Mit ihrer Passion für Natur und Garten sind die Ostholsteinerinnen Anke Cosmus und Andrea Stolz seit sieben Jahren dabei, die Alte Gutsgärtnerei immer mehr mit Leben zu erfüllen. Bei ihnen hat die Hamburgerin Dr. Dörte Sievers im nunmehr dritten Jahr mit einer Dauerausstellung afrikanischer Kunst ihrer Galerie Zimart eine Heimat gefunden. Die Leidenschaft der Chirurgin gehört Skulpturen aus Zimbabwe, die international immer mehr Beachtung finden. Ob Dörte Sievers allerdings auch in diesem Jahr in das durch die Mugabe-Diktatur schwer gezeichnete Land reisen kann, um neue Künstler zu treffen und Skulpturen zu kaufen, ist aufgrund der dramatischen politischen Situation mehr als fraglich.

Um so glücklicher ist Sam Mabeu, auf Einladung der Ärztin nun seine Kunst in Ostholstein nicht nur zeigen, sondern auch praktisch demonstrieren zu können. Täglich entstehen neue Kunstwerke des 31-Jährigen, der ausdrücken muss, „welche Geschichte hinter dem Stein ist“. Und offenbar berührt er die Menschen damit sehr, denn Skulpturen von Sam Mabeu – der zu Hause in Harare seine Eltern und seine vier Schwestern unterstützt – werden weltweit ausgestellt.

Dr. Dörte Sievers hat sich außerhalb ihres Klinikalltags ganz den so genannten Shona-Skulpturen und der Förderung junger Bildhauer aus Zimbabwe verschrieben, seit sie selbst als Ärztin in dem Land tätig gewesen ist. Sie weiß um die große Not und sieht ihr Engagement als „Hilfe zur Selbsthilfe“. Auch im nächsten Jahr sollen wieder Künstler nach Ostholstein kommen. Wer sie dabei unterstützen möchte, erreicht Dörte Sievers unter sievers@galerie-zimart.de oder unter 040/28 78 86 02. Sam Mabeu zeigt seine Kunst in Sierhagen noch bis zum 30. September von Dienstag bis Sonnabend von 11 bis 18 Uhr, sonntags von 14 bis 18 Uhr. jhw

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Presse Sierhagen
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Presse Sierhagen


Lächelt der Stein aus der anderen Welt oder weint er?

In der Galerie ZimArt verleiht der Bildhauer Gedion Nyanhongo feinem Serpentin aus Zimbabwe menschliche Züge

Von Stefan Krulle

Die Zölle an den Grenzen des kleinen, ganz privaten Glücks sind nicht allzu hoch. In einem Othmarscher Garten steht unter ein paar Zelten ohne Seitenwände eine staubige Personenwaage. Sechs Mark pro Kilo kostet feiner Serpentin aus dem Süden Afrikas, und hinter der Waage sitzt Gedion Nyanhongo auf einem Schlitten und beglückt die Nachbarn - gemeinsam mit acht Eleven - durch ein stetiges Tack-tack-tack. Schade, dass die Nachbarn jetzt sein Lächeln gar nicht sehen können, dann wären sie bestimmt beruhigt oder würden dem freundlichen Mann sogar spontan die Hand schütteln. Immerhin ist Nyanhongo passionierter Enthusiast, was im Beruf des Bildhauers eine ganz besonders wertvolle Tugend scheint. Jedenfalls machen seine Skulpturen Staunen und wecken Besitzwünsche.

Amateure beim Workshop

Zum Workshop hat der Mann aus Zimbabwe deutsche Kollegen eingeladen, die meisten sind Amateure. Das wäre, übersetzt ins Reich der Malerei, als hätte Joan Miró dereinst ein paar Tuschkasten-Besitzern den rechten Gebrauch schöner Farben beigebracht. Oder für die Hobby-Fotografen: als wären da Kurse von Ansel Adams für ganz enttäuschte Urlaubs-Knipser angeboten worden. Denn Nyanhongo mag zwar aussehen, als müsse er sich daheim als Schulbusfahrer was dazu verdienen, er gehört aber, wenn wir dem Londoner "Sunday Telegraph" Glauben schenken wollen, zur weltweit führenden Gemeinde in Sachen Bildhauerei. Und die lebt im Volk der Shona in Zimbabwe. Gerade ist der Meister, der seine Schüler dankenswerterweise nicht mit Lehrvorträgen nervt, sondern lieber mit wenigen, eindringlichen Worten ihre Fantasie entzündet, mit einer Kabelrolle zurück am Arbeitsplatz. Sein gerade im Entstehen befindliches Werk, ein obeliskenhafter Stein mit bislang kaum erkennbaren Konturen, bedarf der Wärme. Fast eine Stunde lang wird Nyanhongo den Serpentin nun föhnen und mit Bohnerwachs bepinseln. "Don't hurry!", grinst er uns und den Schülern zu. Ganz langsam nimmt der schöne Stein dunkle Farben an und enthüllt uns seinen mysteriösen Glanz. Am prominentesten seiner Grate erscheint ein erdenhaftes Gesicht, als habe es seit Ewigkeiten schon zu diesem Stein gehört. Lacht es? Schaut es traurig, enttäuscht oder ironisch? In zwei Tagen wird man mehr wissen, verspricht der Künstler. "Don't hurry!" Hinten im Garten gibt es Kuchen, Kaffee und Wesen wie von anderen Sternen, allesamt aus Stein. Den Workshop begleitet eine wundervolle Ausstellung, mit der die Galerie ZimArt ein bisschen sich, vor allem aber jene Bildhauer präsentieren möchte, deren Ruhm bis heute ihren Einkünften vorauseilt. Zumindest hier in Deutschland, "wo wir es mit einer noch immer sehr skeptischen, vorsichtigen und auf eingeführte Namen vertrauenden Klientel zu tun haben", wie Galerist Eckart Rohde findet.

Gedion Nyanhongo auf dem Workshop

Seitdem allerdings vor drei Jahren afrikanische Skulpturen und allen voran somit natürlich jene aus Zimbabwe im Botanischen Garten Klein Flottbeks zu sehen waren, sei das Interesse durchaus gewachsen. In England und vor allem Amerika jedoch, weiß Nyanhongo zu erzählen, "bekomme ich für meine Werke drei Mal so hohe Preise wie hier. Auch ein Grund allerdings, wieder und wieder nach Deutschland zu kommen." Das verstehe, wer will. Wir wollten. Ein Anliegen - so viel verspürt auch der flüchtige Betrachter -, scheint die Arbeiten von Nyanhongo, die seines Vaters, seiner Schwester, des Cousins und gleich des ganzen Volkes zu einen. Das fühlt man, kann es aber seltsamerweise schwer in Worte fassen. Zum Glück vermag es der Künstler. "Unser kultureller Habitus, uns Dinge vorzustellen", sagt Nyanhongo, "ist ein ganz anderer als in Europa. Wir schaffen Mischwelten aus Mensch und Tier und Umwelt, die sich offen und freundlich umspielen. Darin offenbart sich sehr schnell unsere generalisierende Sicht auf das Leben in der Welt. Das hört sich weit theoretischer an, als es ist. Ein Blick auf des Mannes just entstehende Skulptur genügt. Da werden dem Stein keine Formen abgerungen, da schenkt der Stein vielmehr seinem Bearbeiter die Basis für das Bildnis aus der Fantasie. Wer die Bildhauerei Zimbabwes betrachtet, fühlt sich zuweilen wie als Kind beim Blick in herrliche Wolkenwelten, aus denen sich urplötzlich Drachen, Monster, Mutationen erheben. Warum aber ist ausgerechnet Zimbabwe mittlerweile zur Metropole der Bildhauerei Afrikas geworden? Da fragt der Europäer wieder mal ziemlich dumm. "Weil wir die Steine haben", grinst Nyanhongo und deutet auf ein paar Holzkisten unter einer Kiefer, "ich habe sie ja sogar extra mitgebracht." Wäre der Mann nicht so furchtbar nett, wir müssten uns jetzt furchtbar schämen. "Unser Land war früher ein wichtiger Handelsplatz, da liefen im 15. Jahrhundert sehr viele Warenwege zusammen, es wurden Schmuck, Juwelen und auch Skulpturen umgesetzt. Ganz ohne Traditionen sind wir also nicht." Jetzt aber muss Gedion Nyanhongo sich um die Schüler kümmern, die zwar nicht von ihm belehrt, aber doch ermutigt werden wollen. Es scheint uns fast, als habe er dort acht neue Enthusiasten hinterlassen. Aber keinen einzigen Konkurrenten.

Die Workshop-Ausstellung im Garten

Ein Bericht aus der Zeitung "Die Welt"

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Skulpturen aus Zimbabwe